Teil 1: Rechthaberei

Wenn Gespräche kippen: SLAG-Kommunikation

Der Weg in die Kommunikationsfalle läuft über eine bestimmte Art der Kommunikation. Ich nenne sie SLAG-Kommunikation:

S – schnell: Wir reden schneller, wollen Argumente unterbringen.
L – laut: Die Stimme hebt sich, um sich Gehör zu verschaffen.
A – abwertend: Wir signalisieren Ungeduld, vielleicht auch Missbilligung.
G – groß: Mimik und Gestik: großer Mund, große Augen, mehr Raum.

SLAG-Kommunikation ist der Weg in die Falle – und Rechthaberei ist oft das Ergebnis. Dabei gibt es zwei verschiedene Dynamiken:

  1. Führungskräfte oder Menschen, die sich Rechthaberei regelrecht angewöhnt haben – oft als Schutzmechanismus.
  2. Menschen, die in die Rechthaberei hineingeraten, obwohl sie es gar nicht wollen. Sie wollen eigentlich Lösungen finden und finden sich plötzlich in einem Schlagabtausch wieder.

Was im Gehirn passiert

SLAG-Kommunikation aktiviert unser Alarmsystem: die Amygdala. Lautstärke, schnelles Sprechen, dominante Körpersprache – unser Gehirn interpretiert das automatisch als Gefahr. Noch bevor wir die Inhalte verstehen, laufen alte Überlebensprogramme:

  • Fight → wir gehen in den Gegenangriff – der Sog in den Rechthaberei-Tornado
  • Flight → wir ziehen uns zurück – Teams verstummen
  • Freeze → wir blockieren und finden keine Worte mehr – Scham und Vermeidung


Besonders spannend: Hochsensible Menschen sind hiervon stärker betroffen, weil ihr Nervensystem Reize intensiver verarbeitet. Das erklärt, warum Mitarbeitende oft hinterher sagen:
„Ich war wie gelähmt. Normalerweise hätte ich etwas gesagt – aber in dem Moment war ich irgendwie blockiert. Erst Minuten danach kamen mir bessere Reaktionen in den Sinn.“

 

Die doppelte Falle

SLAG-Kommunikation trifft beide Seiten:

Führungskräfte kommunizieren oft so, weil sie selbst unter Druck stehen. Sie wollen Kontrolle zurückgewinnen – manchmal ohne es bewusst zu merken. Man könnte sagen: Führungskräfte stellen manchmal unbeabsichtigt die Falle für ihr eigenes Team auf.

Mitarbeitende erleben das als Überrollen, fühlen sich blockiert und zweifeln hinterher an sich selbst.

Das Gefährliche daran:
Nicht nur die Beziehung leidet, sondern auch der Selbstwert. Mitarbeitende schämen sich oft, weil sie „nicht standhalten konnten“. Das nagt am Vertrauen – und an der Qualität der Zusammenarbeit.

 

Die Hebel, um die Falle zu öffnen

Es gibt drei wirksame Hebel, um die Falle zu entschärfen:

Selbstreflexion

Wahrnehmen, wann ich selbst in SLAG-Kommunikation und vielleicht sogar Rechthaberei rutsche. Hierfür habe ich einen Selbsttest entwickelt.


Metakommunikation

Das Gespräch über das Gespräch: „Lass uns kurz innehalten, ich habe das Gefühl, wir stecken kommunikativ in einer Falle.“


Zielklärung

Prüfen: „Was wollte ich ursprünglich erreichen? “

Ausblick auf Teil 2: Polarisierung

 

Im nächsten Teil meiner Serie „Führung und Kommunikationsfallen“ geht es um ein anderes Muster: Polarisierung. Was ist passiert, wenn Teams innerlich auseinanderdriften?

Sonja Höhn

Diplom-Psychologin

Burgblick 66

35327 Ulrichstein

 

sonja@sonjahoehn.de